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Schritt für Schritt wird es besser

Eine sehr gefühlvolles und informatives Porträt hat Angelina Donati, Journalistin bei der Wiler Zeitung in der heutigen Ausgabe veröffentlicht. Den Originalartikel findet man unter https://epaper.tagblatt.ch/#article/117/Wiler%20Zeitung%20-%20Wil/2017-12-21/19/227694576

 

Alfred Sutter (Mitte) auf einem Spaziergang mit seiner Ex-Frau Barbara und dem gemeinsamen Sohn Martin.Bild: Angelina Donati

 

Rossrüti Vor drei Jahren stand es um Alfred Sutter schlecht. Der an Parkinson Erkrankte konnte sich kaum mehr bewegen und musste ins Pflegeheim umziehen. Er kämpfte und wohnt jetzt wieder zu Hause.

Angelina Donati

angelina.donati@wilerzeitung.ch

Er kann wieder telefonieren, sein Hemd zuknöpfen, sich selber aus dem Sessel aufrichten und vor allem: Er kann wieder gehen. Noch vor drei Jahren war all das nicht mehr möglich. Alfred Sutter, der vor 17 Jahren an Parkinson erkrankt ist, war auf einmal auf vollumfängliche Pflege angewiesen. «Zwar hatte er das Glück und konnte trotz Krankheit nahezu uneingeschränkt bis kurz vor seiner Pension arbeiten», erklärt sein Sohn Martin. Sein Vater, der heute 67-Jährige, war langjähriger Produktionsleiter bei Hiestand. Plötzlich aber schlugen die Medikamente nicht mehr an. Hinzu kamen mehrere Schicksalsschläge in der Familie, die er erleiden musste. Alles zusammen war zu viel.

Es folgte der Umzug ins Pflegeheim

Weil sich Alfred Sutter nicht mehr sicher bewegen konnte, häufig stürzte und auch fast nicht mehr sprechen konnte, wurde er für die Abklärung einer Tiefenhirnstimulation ins Unispital nach Zürich gebracht. Allerdings kam diese Operation für ihn nicht in Frage und es blieb nur noch die Möglichkeit einer Medikamentengabe mittels Duodopa-Pumpe. Mehrere Wochen verbrachte der zweifache Vater im Spital, ehe ihm danach ein mehrmonatiger Aufenthalt in der Klinik Valens bevorstand. Es traten aber Schwierigkeiten auf: Die Medikamenteneinstellung funktionierte nicht. Wieder musste er ins Unispital. Es folgte der Umzug, kurz vor Weihnachten, ins Pflegezentrum Fürstenau in Wil. «Um meinen Vater stand es äusserst schlecht», erinnert sich Martin Sutter. «Zwei Jahre lang lag er bewegungslos im Bett, konnte sich nicht selber aufrichten, und sich kaum mehr mitteilen.» Ausserdem fehlte es ihm an Sehkraft. Obwohl die Chancen auf Besserung schwindend klein waren, entschied sich die Familie gegen den Verkauf der Eigentumswohnung von Alfred Sutter in Rossrüti. «Auch untervermieten wollen wir sie nicht», sagt Martin Sutter. «Es war aber auch klar, dass die Wohnung irgendwann aufgelöst werden muss.» Weil die Familie wusste, wie wichtig dem erkrankten Vater die Selbstbestimmung und das Wohnen Zuhause ist, beliessen sie alles, wie es war.

Auf dem absoluten Tiefpunkt angelangt, ist es Alfred Sutter irgendwie gelungen, das Unmögliche möglich zu machen. Als ihm mit der richtigen Dosierung der Pumpenmedikation und Umstellung weiterer Medikamente, geholfen werden konnte, schöpfte er neuen Lebensmut.

Mit seinen Fortschritten hat er alle überrascht

Mit kleinen Schritten kämpfte er sich zurück. «Es begann mit Kleinigkeiten, wie zum Beispiel, als seine Logopädin ihm für den Unterricht ein iPad vorschlug und er feststellte, dass er damit alleine jassen konnte», sagt seine Ex-Frau Barbara. Sie wohnt wie auch Sohn Martin in Zürich und schaut regelmässig nach ihm. Auch die Spielnachmittage im Pflegeheim hat Alfred Sutter geschätzt, wie er selber sagt. Nach und nach machte er körperlich Fortschritte, lernte wieder zu gehen. Der Rollstuhl blieb immer häufiger unbenutzt. Waren es am Anfang nur wenige Schritte mit dem Rollator, liess sein Zustand später grössere Distanzen zu. «Ich mag mich noch gut erinnern, als wir spazieren gingen und wir uns auf eine Parkbank setzten. Es war der Zeitpunkt, als er sich nach langem wieder selber aufrichten konnte», sagt Barbara Sutter. «Diese Erfolgserlebnisse haben uns alle sehr positiv überrascht», ergänzt Martin Sutter.

Sorge um den Vater bleibt trotzdem bestehen

Schliesslich äusserte Alfred Sutter den Wunsch, zurück in seine Wohnung zu ziehen. «Da ist es einfach am schönsten, und ich fühle mich wohl», erklärt er. Martin Sutter, welcher sein Arbeitspensum auf 80 Prozent reduziert hat, hatte aber Bedenken. Gemäss Beurteilung von Fachleuten des Pflegeheims war sein Vater nämlich noch sehr stark auf Hilfe angewiesen. «Natürlich verstehe ich, dass er in den eigenen vier Wänden leben möchte – wer schon nicht?», sagt er. «Ich muss gestehen, dass ich in grosser Sorge um ihn war.» Alfred Sutter hielt aber am Umzug fest und veranlasste bereits den Transport zweier Möbel von Wil nach Rossrüti. Mittlerweile lebt er seit gut vier Wochen wieder zu Hause – ohne Zwischenfälle. Nebst der regelmässigen Betreuung seiner Familie erhält er Unterstützung von der Spitex und von einer Frau, die für ihn die Wohnung putzt, mit ihm spazieren geht und sein Englisch auffrischt.

«An Weihnachten vor zwei Jahren konnte er nicht einmal selbstständig essen, und heute wohnt er sogar alleine. Dass es ihm wieder so gut geht, ist für mich das allergrösste Weihnachtsgeschenk», freut sich Martin Sutter. «Ich sehe, wie er aufblüht.» Dennoch bleibe die Sorge um seinen Vater. «Um ihn nicht überzubeanspruchen, habe ich meine Anrufe pro Tag von sechs auf zwei reduziert», sagt er. Auch dass sein Vater eine Notruf-Uhr trage und die Wohnung in puncto Sicherheit aufgerüstet worden sei, gebe ihm ein beruhigenderes Gefühl als zu Beginn des Wohnungswechsels.

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