Ein Interwiew der Wiler Nachrichten mit Arthur Gerber und Alard du Bois-Reymond:
Wie altert Wil? Die Thurvita feilt an neuen Konzepten und macht Gewinn

Der Geschäftsbericht 2016 ist eine angenehme Lektüre für VR-Präsident Arthur Gerber und CEO Alard du Bois-Reymond.
Die neuen Geschäftszahlen der Thurvita AG zeigen: Zum ersten Mal schreibt die AG einen substanziellen Gewinn. VR-Präsident Arthur Gerber und CEO Alard du Bois-Reymond erklären, woher das Geld kommt. Und sie legen zum ersten Mal ihre Löhne offen.
Wil Zuerst die delikaten Zahlen: Im Geschäftsbericht legen Sie die Löhne von Verwaltungsrat und Geschäftsleitung offen. Warum?
Arthur Gerber: Wir hatten das bereits vor den neusten politischen Vorstössen geplant. Wir haben nichts zu verstecken.
Herr Gerber, Sie erhielten für ihr Mandat als VR-Präsident 2016 lediglich 10‘840 (inkl. Spesen) Franken. Warum tun Sie sich das an?
Gerber: Die Entschädigung des VR wird durch die Generalversammlung festgelegt. Ich bin mir bewusst, dass das Basishonorar von 8000 Franken bescheiden ist. Dies hindert mich aber nicht daran, diese Aufgabe mit Engagement und Achtsamkeit wahr zu nehmen.
Herr du-Bois Reymond, Sie haben 234‘000 (inkl. Spesen) Franken erhalten. Damit verdienen Sie beinahe so viel wie die Stadtpräsidentin. Wie rechtfertigen Sie das?
Alard du Bois-Reymond: Wenn ich meinen Lohn und meine jetzige Verantwortung mit meinen früheren Positionen (Anm. Red. ehemaliger Chef des Bundesamtes für Migration, Direktor Pro Infirmis) vergleiche, passt es ungefähr. Ich weiss, dass ich in einer ähnlichen Position in anderen Branchen deutlich mehr verdienen würde. Es ist ein schöner, aber kein Abzocker-Lohn.
Gerber: Es gibt nebst diesem Lohn auch keine versteckten Bezüge …
du Bois-Reymond: … auch kein Geschäftsauto …
Gerber: … und keine Ruhegehälter wie in der Politik üblich oder Vorteile in der beruflichen Vorsorge.
Die Thurvita machte 2016 zum ersten Mal einen richtigen Gewinn von fast 560’000 Franken. Sie schreiben, dies sei mit der besseren Bettenauslastung zu begründen (95,79 % statt 92,57 wie 2015) Aber: Die Betten wurden (237 statt 247) weniger und die Auslastung war in den ersten Jahren 2013 und 2014 ähnlich hoch wie 2016. Wie passt das zusammen?
du Bois-Reymond: Die normale Bettenauslastung bewegt sich zwischen 95 und 97 Prozent. Im Jahr 2015 hatten wir mit etwas über 92 Prozent eine schlechte Auslastung. Ich vermute, dass der Start des Konzepts «Thurvita Care» diesen Rückgang verursacht hat. Denn 60 Prozent der Menschen, die dieses Programm nutzen, kehren wieder nach Hause zurück. Die restlichen 40 Prozent kommen in ein Altersheim. Das hat einerseits zur Folge, dass die Auslastung sinkt und andererseits wird die Pflegestufe in den Heimen leicht angehoben. Denn es bleiben nur die Menschen hier, die wirklich nicht nach Hause können.
Arthur Gerber: Die Anzahl Betten ist deshalb kleiner geworden, weil wir die Demenz-Abteilung im Sonnenhof geschlossen und in die Pflegewohnung im Bergholz verlegten.
Das erklärt die höhere Auslastung im Jahr 2016. Wieso der Gewinn?
du Bois-Reymond: Wir arbeiten stetig daran, unsere Effizienz zu verbessern. Zusammen mit dem Anstieg der durchschnittlichen Pflegestufe von 4,5 auf 4,9 (Anm. Red. die Pflegestufen gehen von 1 bis 12) macht dies den Unterschied.
Gerber: Klar ist, dass ein solches Ergebnis nun nicht für jedes Jahr erwartet werden kann. Die höhere Auslastung sowie die intensivere Pflege erforderten auch die Schaffung weiterer personeller Ressourcen. Diese Kosten fielen zeitlich verzögert an.
Die Stadt Wil ist mit 88,85 Prozent nebst Niederhelfenschwil (6,79 %), Rickenbach (2,18 %) und Wilen (2,18 %) die grösste Aktionärin der Thurvita AG. Wie viel Einfluss hat Wil?
Gerber: Die Stadt Wil hat als Hauptaktionärin Einfluss im Rahmen von Gesetz und Statuten. Zudem kann sie über die Ausgestaltung des Leistungsvertrags Einfluss nehmen. Die Stadt arbeitet aber an einer Eignerstrategie. Wir sind natürlich gespannt wie diese aussieht. Die Unternehmensstrategie ist verabschiedet und wird von den Vertragsgemeinden mitgetragen.
Aber die Gemeinden sind im Verwaltungsrat vertreten. Damit haben sie doch Einfluss, oder?
Gerber: Ich hoffe, dass solche Fragen in der Eignerstrategie beantwortet werden. Wer hat welche Rolle? Aktionäre müssen nicht zwingend einen Verwaltungsrat stellen. Ebenso dienlich sind vermehrte Kompetenzen, beispielsweise aus dem medizinischen Bereich. Wichtig ist für mich die Unterstützung der Stadt in den politischen und administrativen Prozessen.
Laut den Zahlen des Bundes (siehe Kasten) wird die Schweiz immer älter. Wie viele Betten braucht die Thurvita bei dieser Entwicklung in den nächsten 20 Jahren?
du Bois-Reymond: Würden wir bei einem konservativen Konzept bleiben, bräuchten wir in der Region Wil laut den Schätzungen des Kantons 400 bis 500 Betten. Dank den Alterswohnungen «Älter werden im Quartier» und «Thurvita Care» rechnen wir aber mit nur 220 Betten bis 2030.
Ein grosses Thurvita-Projekt ist das Quartierzentrum Bronschofen. 2018 soll die Baueingabe gemacht werden. Wie wird das 45-Mio-Projekt finanziert?
Gerber: Wir hoffen, dass wir in nächster Zeit eine kreative und lokale Finanzierungslösung publik machen können. Wir sind sicher, dass sie auf grosse Akzeptanz stossen wird.
Timo Züst




